Kleiner Raum mit großer Wirkung
Eines war den Beteiligten von Anfang an klar: Die modernste Kinderintensivstation Deutschlands muss auch bei der Betreuung der Patientenfamilien neue Wege gehen. Bisher fehlte in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover einfach ein Platz, an den sich schwer traumatisierte Eltern zurückziehen konnten, wo sie „runterkamen“, wo aber auch sensible Gespräche mit den Ärzten stattfinden konnten. . Das ist jetzt anders: Ein ehemaliges Labor wurde mit Hilfe privater Geldgeber und Unterstützer in einen Ruheraum umgewandelt. Eine Kaffeeküche, ein Bett, Fernseher und Wasserspender, bequeme Sitzmöbel, eine kleine Essecke und dazu gedämpftes Licht, ein Fußboden in Holzoptik und eine Tapete wie zu Hause im Wohnzimmer. Der Hannoversche Architekt Ralf Del Bianco hatte –wie vorher schon die Intensivstation –ganz ohne Bezahlung die Pläne gemacht: „Mir kam es darauf an, dass hier keine Klinikatmosphäre zu spüren ist.“
Dr. Michael Sasse, Leitender Oberarzt der Intensivstation, stimmt zu: „Wir arbeiten rund um die Uhr. Da kommen auch abends oder nachts Patienten, zum Beispiel nach einem schweren Unfall. Jetzt haben die Eltern die Möglichkeit, ganz nah beim Kind zu sein und sich doch auch mal zurückzuziehen. Das ist im Gesamtkonzept der Station das i-Tüpfelchen.“
Und Professor Dr. Hanns Carlo Kallfelz, ehemaliger Chef der MHH-Klinik für Kinderkardiologie: „Wir waren die ersten in Deutschland, die eine solche Intensivstation für Kinder hatten. So einen Elternruheraum hatten wir als Vision, aber wir haben es nicht ausgesprochen, weil wir erst einmal froh waren, dass überhaupt die Behandlung der kleinen Patienten an der MHH möglich war.“
Ein Ruheraum, wie es ihn in der MHH noch nicht gab. Zur offiziellen Übergabe kamen daher viele, allen voran Dr. Andreas Tecklenburg, Vizepräsident der Hochschule und zuständig für die Patientenversorgung. Sein Kommentar: „Dieser Raum ist wieder einmal ein Zeichen dafür, dass durch Eigeninitiative ganz viel geschaffen werden kann.“ – Eigeninitiative vor allem der Mitarbeiter auf der Intensivstation, aber auch des Vereins „Kleine Herzen Hannover“, der sich auf die Suche nach einem Geldgeber machte. Der war schnell gefunden: Die Sparkasse stellte aus Mitteln der Lotterie „Sparen und Gewinnen“ 12.000 Euro zur Verfügung. Ihr Vertreter bei der kleinen Feierstunde, Thomas Voß: „Für uns war ganz klar: Hier muss etwas getan werden. Es passt nicht in die heutige Zeit, wenn Eltern auf dem Flur sitzen und sich Sorgen machen.“
Bürgermeisterin Regine Kramarek hat sich in den letzten Tagen selbst auf der Intensivstation umgetan und bestätigt: „Die Eltern wollen dabei sein, aber sie wollen nicht stören. Und sie wollen wichtige Abläufe nicht unterbrechen. Dass es durch einen solchen Ruheraum möglich ist, sich in einer psychisch schweren Situation sanft zurückzuziehen, das finde ich wunderbar.“
Für Ira Thorsting, Vorsitzende der „Kleinen Herzen“, die sich seit 2006 für die Betreuung herzkranker Kinder an der MHH und für die Intensivstation einsetzen, ist es nur ein Etappenerfolg: „Es gibt noch sehr viel zu tun in dieser Klinik. Bis Ende 2015 soll die zweite Station mit Eltern-Kind-Zimmern ausgestattet werden, und dann ist die Ambulanz dran. Ohne bürgerliches Engagement geht es nicht mehr im Gesundheitswesen. Wir machen weiter.“