Lehrte

Job-Coaching des SV Yurdumspor zieht nach einem Jahr ein gemischtes Fazit

[LEHRTE]

Der SV Yurdumspor Lehrte bietet seit Anfang 2016 ein ehrenamtliches Job-Coaching für geflüchtete Menschen in Lehrte an. In den Räumen des Schachclubs Lehrte im Haus der Vereine leitet Anke Gabcke, Integrationsbeauftragte des SV Yurdumspor, wöchentlich regelmäßig eine offene Beratungssprechstunde. Zusätzlich können mit Anke Gabcke oder einer ihrer Job-Coache, individuelle Termine vereinbart werden.

Neben dem Spracherwerb ist die Integration in den Arbeitsmarkt eine wichtige und große Herausforderung für alle Flüchtlinge. Das Job-Coaching des SV Yurdumspor bietet folgende Unterstützungsleistungen: Prüfung vorhandener Unterlagen aus dem Heimatland, Entwicklung eines Kompetenzprofils, Erstellen der Bewerbungsunterlagen, Stellenrecherche, Bewerbungsversand (Post/Email), Vorbereitung von Vorstellungsgesprächen, Begleitung bei der Arbeitsaufnahme für Bewerber und Arbeitgeber, Vermittlung in Praktika, Einstiegsqualifizierung, Ausbildung, Arbeit, Tipps aus der Praxis: Betriebsbesichtigungen, Azubi-Gespräche.

Genutzt wird das Job-Coaching-Angebot des SV Yurdumspor im Jahr 2016 von 60 Interessenten, ausschließlich Männer, mehrheitlich aus Schwarzafrika. Im Verlauf des Jahres stieg die Zahl der Teilnehmer aus den Ländern Syrien, Irak, Iran und Somalia. Das Alter der Männer liegt zwischen 18 und 45 Jahren.

Etwa 80 Prozent der Teilnehmer verfügten über ungenügende bis keine Deutschkenntnisse. Die Zusammenarbeit mit diesen Flüchtlingen daher ist sehr zeitaufwendig und findet über einen längeren Zeitraum statt. Nach dem Kennenlernen und einem ersten Vertrauensaufbau wird versucht, ein Kompetenzprofil gemeinsam mit dem Teilnehmer zu erarbeiten.

Das sogenannte "Profiling" sei aufgrund der Sprachhemmnisse sehr aufwendig und könnten daher nur sehr rudimentär durchgeführt werden. Am Ende des Profilings ist erkennbar, über welche persönlichen und beruflichen Erfahrungen der Teilnehmer verfügt.

Die Berufserfahrungen der Teilnehmer seien sehr unterschiedlich und sind abhängig vom Herkunftsland. Menschen aus Afrika hätten überwiegend in der Landwirtschaft oder als Fahrer gearbeitet und verfügten häufig über keinerlei Schulbildung. Einige Syrer und Iraker hätten in ihrem Heimatland ein Studium absolviert und streben hier eine qualifizierte Beschäftigung an. Dieses könne aus Sicht der ehrenamtlichen Helfer auch gelingen, denn das Interesse der Arbeitgeber bei hoch qualifizierten Flüchtlingen sei vorhanden, wenn genügend Sprachkenntnisse vorhanden sind. Das sei allerdings überwiegend noch nicht der Fall. Aber die Teilnehmer, die ernsthaft interessiert sind, haben sich um entsprechende Sprachkurse gekümmert.

Die Profiling-Gespräche des SV Yurdumspor sind aufgrund der individuellen Fluchterfahrungen und Erlebnisse häufig sehr persönlich. Auf Grundlage des Profilings werde gemeinsam mit dem Teilnehmer überlegt, in welchem Bereich eine Beschäftigung möglich und sinnvoll ist beziehungsweise welche anderen Aktivitäten nützlich sind. Häufig sei dies die Vermittlung in einen Sprachkurs, da eine Beschäftigung noch nicht sinnvoll erscheint. Die Teilnehmer, die sprachlich arbeitsfähig sind, werden – abhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – unterstützt, sich bei der Arbeitsverwaltung (Arbeitsagentur, Jobcenter) zu registrieren, um auch von offiziellen Stellen Unterstützung bei ihrer Stellensuche zu bekommen.

Neben den häufig unzureichenden Sprachkenntnissen zeigten sich allerdings oft auch Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags in Deutschland. Fehlende Erfahrung im Gesellschaftssystem und häufig auch falsche Erwartungen an ein Leben in Deutschland seien hierbei zusätzliche Integrationshemmnisse. Sehr Erfolg versprechend sei hierbei, wenn die Teilnehmer einen persönlichen Paten haben, der sie bei ihren Integrationsaktivitäten unterstützt.

Gemeinsam mit den Teilnehmern, die über ausreichende Voraussetzungen für eine Beschäftigungsaufnahmen verfügen, werden daraufhin ein Lebenslauf erstellt, ein Passfoto erstellt und recherchiert, bei welchen Unternehmen eine Bewerbung sinnvoll sein kann. Komme es zu einem Vorstellungsgespräch, erfolge eine entsprechende Vorbereitung. Auf Wunsch wird der Teilnehmer begleitet.

"Bis heute hat der SV Yurdumspor es geschafft 12 Teilnehmer in ein Praktikum, 2 in eine Einstiegsqualifizierung, 2 in eine Ausbildung und 5 in eine Beschäftigung zu vermitteln. Branchen sind die Logistik, Dienstleistung und Handel – überwiegend im Niedriglohnsektor", so der 1. Vorsitzende des SV Yurdumspor Yetis Özdemir.

Die Rückmeldungen der Arbeitgeber, die Flüchtlinge in ihren Betrieb aufnehmen, sind sehr vielschichtig. Fazit ist, dass immer der individuelle Mensch betrachtet werden muss. Es seien keine Verallgemeinerungen möglich. Zeige sich ein Teilnehmer zielstrebig und zuverlässig, schaffe er es auch, die Tagesstruktur und die Herausforderungen in einem Betrieb anzunehmen. Demgegenüber stehen die Teilnehmer, denen das Leben in Deutschland noch sehr fremd ist und die dringend persönliche Unterstützung brauchen. Sie würden sich in Betrieben nach einer motivierten Anfangszeit häufig als überfordert erweisen.

"Perspektivisch ist davon auszugehen, dass die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen, in den ersten Arbeitsmarkt ein langer und schwieriger Prozess sein wird, der viel Geduld von allen Beteiligten erfordert. Neben einer persönlichen Betreuung des Flüchtlings durch einen Mentor, sind auch Unterstützungs- und Beratungsleistungen für Arbeitgeber eine sinnvolle Investition", so Integrationsbeauftragte des SV Yurdumspor Anke Gabcke.

Download als PDF

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"