Isernhagen

Feuerwehrmann wird wegen seines ehrenamtlichen Engagements angezeigt

Berichte, Wahlen, Ehrungen, Ernennungen, Grußworte: Eine Jahreshauptversammlung bei einer Freiwilligen Feuerwehr wird traditionell nach einer mehr oder weniger festen Reihenfolge abgehalten. Bei der Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Altwarmbüchen am gestrigen Freitag, 10. Februar 2017, kam noch der Punkt "Schlusswort" hinzu. Dieses durfte in diesem Jahr der zum 1. Hauptfeuerwehrmann ernannte und als Gerätewart bestätigte Stefan Karsten halten.

Was er in seinem Schlusswort zu berichten hatte, ließ dann doch so manchen Mund offen stehen: Er erzählte von Übergriffen auf Feuerwehrleute im Einsatz, auf mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung, wie schon von anderen Ortswehren im Gebiet des AltkreisBlitz zu hören war. Er hatte jedoch auch von einer ganz neuen Qualität im Umgang mit der Feuerwehr zu berichten: Er habe sich beim normalen Dienst am Feuerwehrgerätehaus um die Einsatzmittel der Ortswehr gekümmert, damit diese im Alarmfall voll funktionsfähig zur Verfügung stehen. Er bewegte die Fahrzeuge, ließ Aggregate laufen und überprüfte als Gerätewart die Ausstattung, als die Polizei auf dem Hof kam und ihm mitteilte, dass sich ein Anwohner über den Lärm beschwert habe. Eine Anzeige gegen ihn persönlich wegen Ruhestörung und Umweltverschmutzung folgte darauf.


"Da stellt man sein Engagement im Ehrenamt schon in Frage, und fragt sich, ob das alles noch so richtig ist, was man tut", erklärte er vor rund 120 Besuchern der Jahreshauptversammlung. Tatsächlich beschreibt er im Gespräch mit dem AltkreisBlitz, dass seine Motivation, anderen Menschen ehrenamtlich zu helfen unter diesem Vorfall gelitten habe. Beistand bekam er von Ortsbrandmeister Marc Perl, der betonte: "Es kann nicht sein, dass wir Bürokratie und Anzeigen ausgesetzt werden". Der Ortsbrandmeister hatte zuvor noch von einer weiteren Gegebenheit zu berichten, die ihn sichtlich verstimmt hatte. Zu einen "Tag der Helfer" – mit verbundenem Tag der offenen Tür – wollten zwei Möbelhäuser einladen. Als der Ortsbrandmeister die Teilnahme der Ortswehr absagte, weil die Belastung der ehrenamtlichen Kräfte schon hoch genug sei, bekam er einen Anruf von einem Filialleiter, der sagte, "was mir wohl einfallen würde einfach abzusagen, denn man hätte ja nur die Genehmigung erhalten, weil man die Feuerwehr als Partner dazu geholt habe." Sei Urteil: "Ich persönlich empfinde es als höchst unangenehm auf meinem privaten Anschluss derart durchbeleidigt zu werden und verlange, dass solche Drückermethoden – ausgetragen auf dem Rücken des Ehrenamtes – nie wieder vorkommen."

Auch in Richtung Stadtverwaltung sprach er Klartext: Die Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen würde, obwohl der Bedarf fristgerecht eingereicht worden sei, stillstehen, ein Übungsplatz für die Schwerpunktfeuerwehr fehle noch immer, das Gelände um das Feuerwehrhaus werde von der Stadt nicht gepflegt und noch seien Mängel im neuen Gerätehaus nicht abgestellt. Anschuldigungen, die Isernhagens Bürgermeister Arpad Bogya so nicht stehen ließ und seinerseits herausstellte, dass doch nicht alles schlecht sei. Für die Fahrzeugbeschaffung müsse der Rat die erforderlichen Mittel durch Einsparungen an anderer Stelle zur Verfügung stellen. Er bat darum, Politik und Verwaltung zu motivieren und "nicht auf ihnen rumzutrampeln". Er fügte hinzu: "Wir sind aufgeschlossen für Gespräche und wir werden als Rat und Verwaltung an ihrer Seite stehen". Dank für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr – mit 132 Einsätzen war es das ereignisreichste Jahr in der Geschichte der Ortswehr – kam von den politischen Vertretern wie Altwarmbüchens Ortsbürgermeister Philipp Neessen, der sich nicht nur für den Einsatz im Brandschutz sondern auch für die vielfältige Unterstützung der Ortswehr bei Veranstaltungen im Ort bedankte. Ortsratsmitglied Heinrich Bätke kam noch einmal auf die mangelnde Akzeptanz zu sprechen: "Lasst Euch nicht provozieren. Es ist nur ein geringer Prozentsatz", der die Leistung der Feuerwehr nicht zu schätzen wisse.

Sorgen bereitet dem Ortsbrandmeister auch das Halten von jungen Aktiven in der Wehr. Immer häufiger erlebe er, dass Mitglieder der Einsatzabteilung auf ihn zukommen würden und ihn über aus Ausscheiden informieren, weil sie vor Ort keinen ihren Verhältnissen entsprechenden Wohnraum finden würden. "Da ist man als Ortsbrandmeister machtlos", so Marc Perl. "Der große Wurf mit Witzeaue hilft da erst recht nicht weiter", führte er aus. "Hier sollten sich die Vertreter der Politik ernsthaft Gedanken machen, wie man dem entgegenwirkt", denn: "Es ist nicht nur schade um das Mitglied, sondern auch, dass einem die Möglichkeit genommen wird, weiter auf jemanden bauen zu können."

Zuvor hatte Ortsbrandmeister Marc Perl vom Einsatzgeschehen 2016 berichtet. Die 132 Einsätze gliederten sich in 24 Brandeinsätze, 67 technische Hilfeleistungen, 7 Tierrettungen, 32 ausgelöste Brandmeldeanlagen, bei denen wenige Fehlalarme zu verzeichnen waren, eine Erkundung und eine Brandsicherheitswache auf. 62 Mitglieder zählt die Altwarmbüchener Einsatzabteilung, 40 Mitglieder sind in der Altersabteilung, 186 fördernde Mitglieder, 24 Mitglieder in der Jugendabteilung und 27 Mitglieder in der Kinderabteilung.

Bei den Ehrungen hatte Gemeindebrandmeister Clive von Plehn, der zusammen mit seinem Stellvertreter Oliver Behnsen der Versammlung beiwohnte, die besondere Ehre, gleich 9 Frauen für 40-jährige Zugehörigkeit in der Feuerwehr zu auszuzeichnen. Die drei Anwesenden, Herta Hähnel-Tomaszko, Astrig Rinne und Renate Tietz erhileten ebenso wie Manfred Herrmann und Klaus Puskeppeleit für ihre 60-jährige Feuerwehrzugehörigkeit durch den Gemeindebrandmeister Nadel und Urkunde vom Landesfeuerwehrverband.

Bei den Wahlen konnten alle Posten erneut besetzt werden. Wiedergewählt wurden Gerätewart Stefan Karsten, die Leiterin der Kinderabteilung, Claudia von Veen, und Schriftführer Dirk Dannenberg. Zum neuen Gerätewart Persönliche Schutzausrüstung wurde Tammo Külp gewählt.

Feierlich wurden auch drei neue aktive Mitglieder in die Ortswehr aufgenommen: Philipp Krettek, Nikita Kostjuk und Timo Bodendorf wurde der Rang des Feuerwehrmanns verliehen. Zum Oberfeuerwehrmann wurde Jean-Pascal Bethusy-Huc ernannt. Den Rang des Hauptfeuerwehrmann trägt nun Steffen Ehling, Stefan Karsten wurde zum 1. Hauptfeuerwehrmann ernannt. Durch Gemeindebrandmeister Clive von Plehn wurde Patrick Schmuhl zudem der Dienstgrad des Löschmeisters verliehen. Bürgermeister Arpad Bogya ehrte abschließend Sebastian Bahl, Jürgen Heger und Thomas Blawid mit der silbernen Gemeindenadel für 15-jährige ehrenamtliche Tätigkeit.

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