Psychisch kranke Flüchtlinge: neue Herausforderungen?
In der Region Hannover leben derzeit über 260.000 Kinder und Erwachsene mit einem Migrationshintergrund. Besonders für die geflüchteten Menschen, die in den vergangenen zwei Jahren in die Region Hannover gekommen sind, muss eine sozialpsychiatrische Versorgung sichergestellt sein. Denn viele von ihnen haben schlimme Fluchterfahrungen hinter sich. Wie können diese Menschen erreicht werden? Reichen die bestehenden Angebote? Auf diese und andere Fragen geht der neue Sozialpsychiatrische Plan 2017 ein, der gerade erschienen ist und am heutigen Mittwoch, 5. April 2017, vorgestellt wurde.
"Viele der Menschen mit Fluchterfahrung sind traumatisiert und brauchen früher oder später Unterstützung bei der Aufarbeitung ihrer Erlebnisse. Unser Vorgehen, ihre Versorgung in unser Regelsystem zu integrieren, hat sich als der richtige Weg erwiesen – wir haben genug Aufnahmekapazitäten", so Erwin Jordan, Dezernent für soziale Infrastruktur der Region Hannover. "Wir stellen aber auch fest, dass wir einen großen Bedarf an Fachkräften mit interkultureller Kompetenz und an Dolmetscherinnen und Dolmetscher haben, die als Lotsen unterstützen können."
Herausgegeben wird der Sozialpsychiatrische Plan jährlich vom Sozialpsychiatrischen Dienst als Geschäftsführung des Sozialpsychiatrischen Verbundes der Region Hannover – mit wechselnden Schwerpunktthemen. In diesem Jahr liegt der Fokus auf der sozialpsychiatrischen Versorgung von Geflüchteten, die hier in der Region Hannover leben. In acht Kapiteln beleuchten Expertinnen und Experten von verschiedenen Institutionen das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven, berichten von ihren Erfahrungen und geben Handlungsempfehlungen.
So geht es etwa um die Hilfemöglichkeiten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge mit seelischen Belastungen, um die psychiatrische Behandlung Erwachsener mit Fluchterfahrungen in der KRH Psychiatrie Wunstorf oder welche Hilfen es für Suchtbetroffene und -gefährdete gibt. "Gewalterlebnisse und Entwurzelung sind generell hohe Risikofaktoren für Suchtkrankheiten. Das betrifft im Besonderen Menschen mit Fluchtbiographien", beschreibt Carsten Theile, Stellvertretender Leiter von Drobs Hannover, der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention. "Wir haben in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt, auf die wir in unserer Arbeit zurückgreifen können. Insgesamt haben wir eine gut ausgebildete Versorgung in der Region. Jetzt ist es wichtig, die Menschen frühzeitig und noch stärker in die bestehenden Angebote zu integrieren."
Neben dem Schwerpunktthema beleuchtet der Sozialpsychiatrische Plan 2017 auf insgesamt rund 130 Seiten den Bedarf an Hilfen und vorhandene Angeboten allgemein. Ein Sonderteil greift außerdem die Hilfen für psychisch kranke Kinder, Jugendliche und deren Familien auf. Insgesamt umfasst der Plan 47 Beiträge von 56 Autorinnen und Autoren. Am Donnerstag, 6. April, wird der druckfrische Plan dem Ausschuss für Soziales, Wohnungswesen und Gesundheit der Region Hannover vorgelegt und steht im Internet unter www.sozialpsychiatrischer-verbund-region-hannover.de zum Download zur Verfügung.
Sozialpsychiatrische Unterstützung vernetzen und damit die Versorgung für psychisch Kranke und ihre Angehörigen in der Region Hannover verbessern: Mit diesem Anspruch wurde Ende 1997 der Sozialpsychiatrische Verbund der Region Hannover ins Leben gerufen. Heute wirken rund 100 Anbieter von Hilfeleistungen in dem Zusammenschluss mit – von Kontakt- und Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen bis hin zu stationären Einrichtungen.