Burgdorf

„Volksempfänger, Volkswagen, Volksgemeinschaft – Propaganda im Nationalsozialismus“

[BURGDORF]

Vom Sonnabend, 2. September, bis Sonntag, 29. Oktober 2017, ist im Stadtmuseum, Schmiedestraße 6 in Burgdorf, die Ausstellung "Volksempfänger, Volkswagen, Volksgemeinschaft – Propaganda im Nationalsozialismus" zu sehen. Gemeinsame Gastgeber sind der VVV, der Förderverein Stadtmuseum und die Stadt Burgdorf. Die Eröffnungsveranstaltung findet am 2. September am 11 Uhr statt. Die Einführung übernehmen Bürgermeister Alfred Baxmann und der Leiter der Projektgruppe Horst Regenthal. Zum weiteren Ausstellungsteam gehören Armin Baur, Gerhard Gring, Gerhard Gruber, Margrit Knox, Luigi Serrapiglio, Horst Wöhler, Heinz-Dieter Wagner und Burkhard Wolters. Das Stadtmuseum ist sonnabends und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Für Vereine, Schulen und Gruppen gibt es nach Absprache mit VVV-Geschäftsführer Gerhard Bleich, Telefon 05136/1862, auch Führungen innerhalb der Woche.

Ein Zerrbild der Wirklichkeit

Die Schau richtet den Fokus auf den nationalsozialistischen Propagandaapparat, der seit der Zeit der Machtergreifung im Jahr 1933 bis zum Zusammenbruch Deutschlands im Mai 1945 zu den wichtigsten Stützpfeilern des sogenannten "Dritten Reiches" gehörte und permanent ein Zerrbild der Wirklichkeit entwarf. Der skrupellose Diktator Adolf Hitler und sein ergebener Handlanger Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bedienten sich aller damals einsetzbaren medialen und massenpsychologischen Wege, um die deutsche Bevölkerung nach ihren verbrecherischen Vorstellungen zu lenken und in fanatische Anhänger der auf den Führerkult ausgerichteten Nazi-Ideologie zu verwandeln.

Beeinflussung des gesamten Lebens

Die totalitäre und das gesamte öffentliche und private Leben durchdringende Beeinflussung betraf die gesamte Literatur und Presse sowie die damals noch jungen Medien Rundfunk, Tonfilm und in geringerem Umfang das noch in den Kinderschuhen steckende Fernsehen. Dabei kam dem Deutschen Deutscher Fernseh-Rundfunk in Berlin-Witzleben als schon 1935 aktivem und somit weltweit erstem regulärem Fernsehsender eine Vorreiterrolle zu. Wie die Fernseher damals aussahen, zeigt in der Schau eine originelle Nachbildung einer öffentlichen Fernsehstube, die es in Berlin gab.

Damit die über das Radio verbreitete Propaganda ihren Wirkungsbereich in jedem privaten Haushalt entfalten konnte, ließen die Machthaber als "Volksempfänger" bezeichnete günstige Radios produzieren, deren Erwerb auch für viele Arbeiter erschwinglich war. Die Burgdorfer Rundfunkgeschäfte boten den verbesserten Volksempfänger im Jahr 1938 zum Preis von 65 Reichsmark mit Ratenzahlung an. Damit die Werktätigen auch in den Betrieben die über Rundfunk ausgesandten Propagandabotschaften vernahmen, gab es sogenannte "Arbeitsfrontempfänger" für den Gemeinschaftsempfang. In den Kriegsjahren fiel der Propaganda die zusätzliche Aufgabe zu, die Menschen mit Unterhaltungsfilmen und – programmen vom Kampfgeschehen abzulenken und andererseits unter anderem mit martialischen "Wochenschau"-Filmen ihren Durchhaltewillen anzuregen.

NS-Organisationen in Burgdorf

Einen erheblichen Stellenwert hatten zudem öffentliche Versammlungen, Parteitage und Aufmärsche, der ideologiekonforme Schulunterricht sowie NS-Organisationen wie die Hitlerjugend (HJ), der Bund Deutscher Mädel (BDM) oder das Winterhilfswerk (WHW). Auch in Burgdorf waren diese Einrichtungen aktiv und griffen massiv in das Alltagsleben der Menschen ein. So organisierten die örtliche HJ und der BDM große Aufmärsche durch die Innenstadt und im Stadion. Das vom Geschäftsführer der Burgdorfer Konservenfabrik geleitete Winterhilfswerk führte regelmäßige Haus- und Straßensammlungen zugunsten der Hilfsorganisation durch. Daran beteiligte sich auch die Ortsfeuerwehr. Mehrfach lud das Burgdorfer Winterhilfswerk zum gemeinsamen Eintopfessen in diversen Gaststätten der Stadt ein. Diese Aktion gehörte zu den sogenannten "Eintopfsonntagen", an denen sich auch alle privaten Haushalte beteiligen und das dabei gesparte Essensgeld spenden sollten. Dem Bericht über das Winterhilfswerk 1934/35 im Kreise Burgdorf ist zu entnehmen, dass Geldspenden von 131.000 Mark und Sachspenden im Werte von 122.000 Mark zusammengekommen sind.

Materielle Vergünstigungen gegenüber der Bevölkerung (preiswerte "Kraft durch Freude"-Reisen, "Kraft durch Freude"-Wagen – der spätere Volkswagen, KdF) dienten ebenfalls dazu, jegliches kritisches Bewusstsein gegenüber den Machthabern einzuschläfern und die Menschen für den Nationalsozialismus einzunehmen. Anmeldungen für die Reisen nahm die Burgdorfer KdF-Dienststelle in der Marktstraße 40 (heute: TEEzeit Burgdorf) entgegen. Die Kreisleitung der NSDAP, die wie die SA in der Hannoverschen Neustadt 49 (heute: Neustadt-Apotheke) untergebracht war, sorgte ebenso wie die Ortsgruppenleitung in der Hannoverschen Neustadt 20 (heute: privates Wohnhaus) dafür, dass das Burgdorfer Alltagsleben im Sinne des Nationalsozialismus ablief. Insgesamt gab es über 20 NS-Organisationen in der Stadt.

Gezielte Steuerung von Emotionen

Informative Schautafeln zeichnen in der Ausstellung die verschiedenen Beeinflussungsmethoden der Nazi-Propaganda auf, die sich ausschließlich auf die Steuerung von Emotionen ausrichtete. Dabei ging es darum, den Menschen ein Weltbild zu vermitteln, in dem nur die nationalsozialistische Ideologie unter dem Motto "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" ihren Platz hatte. Zahlreiche Exponate spiegeln die damaligen technischen Möglichkeiten des Rundfunks und des Fernsehens wider. Dazu kommen Nachbildungen von sogenannten Vergeltungswaffen, die die Propaganda als "Wunderwaffen" zum Erzwingen des "Endsiegs" pries. Propagandaplakate, Modelle von Kraft durch Freude-Wagen, ein originaler KdF-Wagen aus dem Jahr 1939/40, Berichte über Kraft durch Freude-Reisen, nachgebildete Schilder von in der Nazizeit umbenannten Straßen, Fahnen und Wimpel, historische Uniformen, Kriegsspielzeug und Werke der Autoren, die damals der Bücherverbrennung zum Opfer fielen, komplettieren die Ausstellungspalette.

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