Antisemitismus von der Antike bis ins frühe 19. Jahrhundert
In der wissenschaftlichen Diskussion ist es umstritten, ob und ab wann man für die vorchristliche Antike von einer spezifischen Judenfeindschaft sprechen kann. Unstrittig ist aber, dass man im frühen Christentum die Hauptquelle für die Herausbildung des abendländischen Antisemitismus lokalisieren muss. Wie sich diese Feindseligkeit bis ins 19. Jahrhundert auf kirchlicher und gesellschaftlicher Ebene fortsetzte, darüber referiert auf Einladung der Gedenkstätte Ahlem am Donnerstag, 15. Februar 2018, 19 Uhr, der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Werner Bergmann im Haus der Region an der Hildesheimer Straße 18 in Hannover. Der Eintritt ist frei.
Im Umfeld innerkirchlicher Reformbewegungen und des ersten Kreuzzuges (1096) verbreitete sich die Judenfeindschaft über den Kreis der Theologen hinaus auch unter den Laien und wurde zum Bestandteil der Volksfrömmigkeit. Die Jüdinnen und Juden wurden zu einer sozial ausgegrenzten Sondergruppe und zum Ziel von Beschuldigungen, die sie zu einer dämonisierten Minderheit werden ließen. Diese Stigmatisierung führte zu den großen Verfolgungswellen des 14. Jahrhunderts, in denen viele jüdische Gemeinden in Mitteleuropa vernichtet wurden. Die Aufklärer nahmen im 18. Jahrhundert dann eine ambivalente Stellung zu den Juden ein. Im Namen der Toleranz wandten sich einige Aufklärer gegen die Verfolgung und Unterdrückung der Juden.
Mit dem Übergang von der ständisch-feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft stellte sich Ende des 18. Jahrhunderts auch politisch die Frage nach der Stellung der Juden. In dieser Phase bildeten sich bereits zentrale antisemitische Vorurteile und entsprechende Vorschläge zu Gegenmaßnahmen, weshalb man diese Phase als "Früh-Antisemitismus" im modernen Sinn bezeichnen kann.
Werner Bergmann war von 1999 bis 2016 Professor für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin. Er veröffentlichte unter anderem "Antisemitismus in Zentraleuropa. Deutschland, Österreich und die Schweiz vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart", Darmstadt 2011.