Lehrte

„Wir weigern uns, Feinde zu sein“: Rainer Stuhlmann über das andere Gesicht Palästinas und Israels

[SIEVERSHAUSEN]

Am 26. April 1978, vor 40 Jahren, fielen Susanne Zahn und Christoph Gaede, Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, in Nablus einem palästinensischen Bombenanschlag zum Opfer. Susanne Zahn hatte sich kurz zuvor in der Antikriegswerkstatt Sievershausen auf ihren Friedensdienst in Israel vorbereitet.

Aus diesem Anlass hat das Nagelkreuzzentrum Sievershausen Pfarrer Rainer Stuhlmann eingeladen, am Sonntag, 29. April 2018, ab 16 Uhr im Antikriegshaus Sievershausen über das Versöhnungsprojekt Nes Ammim in Israel zu berichten. Von 2011 bis 2016 war Rainer Stuhlmann Studienleiter des internationalen ökumenischen Friedensdorfes, das sich von einem Lernprojekt für Christen im jüdischen Staat zu einem Ort der Zusammenkunft für jüdische und arabische Familien in Israel entwickelt hat.

Rainer Stulmann organisierte in dem Dorf Nes Ammim das Studienprogramm für Freiwillige aus verschiedenen europäischen Ländern. In dieser Zeit ist er viel herum gekommen auf beiden Seiten des Grenzzauns. Er erzählt von Menschen aus beiden Völkern, die sich um Dialog, Gerechtigkeit und Frieden bemühen, und zeigt dazu Fotos. Mit seinem Willen zu einer "doppelten Solidarität” ist er immer wieder "zwischen die Stühle” geraten und hält diese Position für die für ihn einzig mögliche, als Europäer, als Deutscher und als Christ in diesem Land zu leben und Stellung zu beziehen.

Nes Ammim, das christliche Dorf im Norden Israels, wurde zu Beginn der 1960er Jahre gegründet. Die Initiative dafür ging von Menschen in Europa, hauptsächlich Niederländern, Schweizern und Deutschen aus, die nach den Schrecken des Nationalsozialismus aktive Versöhnungsarbeit zwischen Christen und Juden, Europäern und Israelis, leisten wollten, ein Anliegen, dem sich auch Susanne Zahn und Christoph Gaede verpflichtet fühlten, damals, im Frühjahr 1978. Der Name "Nes Ammim" ist hebräisch und bedeutet übersetzt "Zeichen für die Völker" oder auch "Zeichen der Völker" (Jesaja 11,10). Und genau das soll das Dorf sein: ein Zeichen der Solidarität mit dem jüdischen Volk und der Beginn einer neuen Beziehung zwischen Christen und Juden und Palästinensern. Nes Ammim besteht aus einer christlichen Gemeinschaft europäischer Freiwilliger, sowie jüdischen und arabischen Familien. Die Freiwilligen leben und arbeiten mit ihren israelischen Nachbarn und Kollegen eng zusammen. In Israel erfahren sie hautnah, wie Juden und Araber leben, was sie glauben und was sie über den Konflikt und den "Friedensprozess” denken. Volontäre, die in Nes Ammim gelebt haben, können sich dafür entscheiden, in ihren Heimatländern als Botschafter zu arbeiten: Wenn Antisemitismus, Hetze gegen Israel oder gegen Muslime aufflammt, können sie aufstehen und Dinge geraderücken, denn sie sind informiert.

Rainer Stuhlmann, Jahrgang 1945, lebt jetzt als evangelischer Pfarrer im Ruhestand in Köln.

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