Burgdorf

Gut besuchte Diskussion über „Burgdorf ganz nah draußen – Nahverkehr und Wohnen“

[BURGDORF]

"Burgdorf ganz nah draußen – Nahverkehr und Wohnen": Unter diesem Motto stand eine gut besuchte Diskussionsveranstaltung in der Gesprächsreihe "Das Rote Sofa – Burgdorfer Gespräche" am Dienstag im Jürgen-Rodehorst-Haus, dem Bürgerbüro der SPD Burgdorf.

Der Burgdorfer Regionsabgeordnete Rudolf Alker wies in seiner Einführung auf den attraktiven Wirtschaftsstandort der Region Hannover mit 1,2 Millionen Einwohnern hin. Die Region sei inzwischen ein Drehkreuz im europäischen Personen-, Güter- und Warenverkehr. Aber auch Naherholung und Freizeit kommen nicht zu kurz, schließlich stünden mehr als 50 Prozent der Region Hannover unter Landschafts- oder Naturschutz. Den Hauptbahnhof Hannover passieren täglich mehr als 250.000 Menschen. Burgdorf verzeichne täglich 8.600 Auspendler und 3.400 Einpendler. Für die Attraktivität der Region sei es von nicht unerheblicher Bedeutung, wenn auch in Zukunft ein attraktiver Nahverkehr wie auch bezahlbare Wohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen als auch dringend benötigte Fachkräfte zur Verfügung stünden.

Danach ging Detlev Herzig, der Verkehrsexperte der SPD-Regionsfraktion aus Springe, auf den Nahverkehr ein. Auf Initiative der JUSOS in der SPD entstand 2018 das günstigste ÖPNV-Angebot Deutschlands, die Jugend NetzCard. Für nur 15 Euro im Monat können Schüler bis 22 Jahre jederzeit (also nicht nur an Schultagen) Regionalzüge, S-Bahnen, Stadtbahnen und Busse innerhalb des GVH der Region Hannover nutzen.

Einen großen Anteil des Personentransports werde vom Individualverkehr, insbesondere mit Autos geleistet: in der Theorie komme man bequem von Haus zu Haus. In der Praxis werde die hohe Verfügbarkeit des Autos von den zunehmenden Zeiten für Parkplatzsuche konterkariert. In der Stadt Hannover bilden S-Bahn und Busse mit einem engen Takt gute Alternativen, außerhalb leide die Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unter geringen Frequenzen: Wer möchte eine halbe oder ganze Stunde auf den nächsten Bus warten? Je dichter der Takt, desto eher werde der ÖPNV angenommen. Insgesamt ergebe sich nur eine geringe Kostendeckung durch direkte Fahrpreise der Kunden. Dabei werde die benötigte Kapazität durch die morgendliche Schülerbeförderung vorgegeben, die die Region jährlich 34 Millionen Euro koste. Oft müssten von einem Wohnort verschiedene Schulstandorte angefahren werden. Für den Rest des Tages kleinere Fahrzeuge bereitzustellen, lohne nicht, da die Personalkosten über 70 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.

Die Bahn sei von Kapazitätsproblemen betroffen, das Bahnnetz sei seit Jahrzehnten nicht belastungsgerecht ausgebaut worden. Die wachsende Belastung der Infrastruktur werde insbesondere durch steigenden Güterverkehr verursacht, in der Region Hannover kreuzen sich Nord-Süd- und Ost-West-Verkehr, insbesondere auch internationale Güterströme zu und von den Häfen Hamburg und Rotterdam. Daher könnten zusätzliche S-Bahnlinien oder höhere Takte nur schwer erzielt werden. In den nächsten Jahren würden daher zunächst die S-Bahnen mit längeren Zügen ausgestattet.

Im Folgenden entspann sich unter der Moderation von Matthias Paul, dem Bürgermeisterkandidaten der Burgdorfer SPD, eine lebhafte Diskussion rund um verschiedene konkrete Vorschläge, wie Menschen noch besser zwischen Burgdorf und Hannover umweltschonend mobil sein können. Zum Beispiel Wirtschaftswege, die tageszeitabhängig von Schnellbussen oder Radlern genutzt werden können oder die Verlängerung von Straßenbahnlinien. Die Attraktivität des ÖPNV könne durch freies WLAN in allen Verkehrsträgern wesentlich gesteigert werden, da die Reisezeit noch sinnvoller genutzt werden könne.

Im zweiten Teil des Abends erläuterte der Burgdorfer Regionsabgeordnete Rudolf Alker die geplanten Zuschüsse der Region für die Kommunen zur Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen. Die Steigerung der Wohnkosten sei Problem, das in den vergangenen Jahren verstärkt auch die Mitte der Gesellschaft erreicht habe, zum Beispiel auch Rentner mit geringen Bezügen. In der Region gebe es zur Zeit lediglich 4,7 Prozent Sozialwohnungen, viele würden in den nächsten Jahren aus der Belegungsbindung fallen. Für die gesamte Region werde bis zum Jahr 2025 mit 38.000 neuen Bewohnern gerechnet, es würden zusätzlich 18.300 Wohnungen benötigt. Dazu kämen 10.000 Wohnungen, um den Wohnungsmarkt auf die Leistungsfähigkeit des Jahres 2011 zu bringen. Nach dem gemeinsam mit den Kommunen entwickelten Wohnraumversorgungskonzept sei für Burgdorf ist ein Bedarf von 1.010 Wohneinheiten errechnet worden. Burgdorf stehe damit in der Region mit an der Spitze des Bedarfs. Selbst wenn die Flächen auf dem Papier zur Verfügung stünden, das Problem sei die Umsetzung: Flächenverfügbarkeit, Verkaufsbereitschaft, fehlende Investoren und Akzeptanz in der Bevölkerung nannte er beispielhaft. Laut Alker werden die Regionskommunen, die für neuen Wohnraum sorgten, mit einer Wohnungsbauprämie unterstützen: 1.500 Euro pro Wohnung in Ein- und Zweifamilienhäusern, im Focus stehe die Förderung des Mehrfamilienhausbaus: 5.500 Euro gebe es je Wohnung. Dazu kämen 3.000 Euro pro öffentlich geförderter Wohnung mit einer Sozialbindung von mindestens 20 Jahren. Absicht sei, Wohnungsbauinitiativen zu unterstützen, die die Erstellung von Wohneinheiten, die bezahlbar seien, zum Ziel habe. Die Kommunen seien frei in der Verwendung der von der Region zur Verfügung gestellten Zuschüsse. So sollen von 2019 bis 2021 pro Jahr mindestens 20 Millionen Euro für jährlich 4.000 neue Wohnungen zur Verfügung gestellt werden.

Danach stellte Matthias Paul die aktuelle Entwicklung in Burgdorf dar. Es bestehe der Beschluss, bei neuen Baugebieten eine Quote von bis zu 25 Prozent Sozialwohnungen vorzusehen. Um diesem Ziel näher zu kommen, werde im neuen Baugebiet "Heidenelke" (südlich Grupenstraße) ein Bauträger gesucht, der die Anforderungen erfülle. Das Verfahren sei Gange, und es gibt vielversprechende Angebote.

Am Ende wurden Wege diskutiert, wie ältere Menschen ihre "zu groß" gewordenen Häuser dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen können und in kleinere Wohnungen umziehen.

Die nächste Veranstaltung in der Reihe "Das Rote Sofa – Burgdorfer Gespräche" findet bereits am 7. November 2018 statt: Matthias Paul moderiert eine Diskussionsrunde um Ratsfrau Christiane Gersemann mit interessanten Gästen, die sich um das Thema "Was macht gute Schule aus?" kümmern.

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