Journalismus unter Druck: Kamal Chomani berichtet aus dem kurdischen Irak
In Zusammenarbeit mit der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte begrüßt das Antikriegshaus am Sonntag, 17. Februar 2019, um 16 Uhr Kamal Chomani aus dem Nordirak.
Der 32-jährige irakische Kurde ist ein international anerkannter Journalist, Blogger, politischer Kommentator und Analyst. Er arbeitet hauptsächlich über die Situation der kurdischen Minderheiten in Iran, Irak, Syrien und der Türkei. Von 2009 bis 2011 war Chomani Korrespondent von "Reporter ohne Grenzen" in den irakischen Kurdengebieten. Seit 2010 schreibt er als Kolumnist für "The Kurdistan Tribune" und andere Publikationen in der Region. Für "The Times of Israel" unterhält er einen regelmäßigen Blog. In Kurdistan gilt er schon lange als unbequemer politischer Kommentator. Zwei Entführungsversuchen durch Unbekannte in 2011 und 2015 konnte er nur knapp entkommen. Endgültig lebensbedrohlich wurde seine Lage, als er sich 2017 öffentlich gegen die Pläne für ein Unabhängigkeitsreferendum der Nord-Irakischen Kurden positionierte. Chomani war einer der Verfasser eines öffentlichen und inzwischen von mehr als 100 Journalisten und Intellektuellen unterzeichneten Briefes, in dem vor der Reaktion der irakischen Zentralregierung und der aus drohenden Instabilität der gesamten Region gewarnt wurde. Seitdem gilt er als Verräter an der kurdischen Sache. Die kurdische Polizei drohte ihm mit Verhaftung. Aus den Spitzenkadern der Kurdish Democratic Party (KDP) erhielt er sogar Morddrohungen: "Kamal Chomani sollte mit einer Kugel zum Schweigen gebracht werden."
Bevor ihn die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte für ein Jahr in die Hansestadt holte, hat sich der JournalistIn seiner Heimat versteckt gehalten. Eine Ausreise etwa in die benachbarte Türkei wäre keine Option gewesen, da Chomani wegen seiner Kritik an der Politik von Präsident Erdogan sich dort ebenfalls großer Gefahr ausgesetzt hätte. Die türkische Militäroffensive und Eroberung der mehrheitlich von Kurden bewohnten nordsyrischen Region Afrin wird von der kurdischen Bevölkerung als Auftakt einer geplanten Zwangsumsiedlung von etwa 3,5 Millionen in die Türkei geflohener arabisch-syrischer Flüchtlinge interpretiert. Ziel dieser"Arabisierungsstrategie" soll ein weitgehend kurdenfreies Siedlungsgebiet in der syrisch-türkischen Grenzregion sein. Inzwischen drohe Ankara mit einer Ausdehnung des Militäreinsatzes auch auf die Kurdengebiete längs der irakisch-türkischen Grenze.
Während seines Aufenthaltes in Hamburg will Kamal Chomani auf die zunehmend verzweifelte Lage der Kurden hinweisen, so auch bei seinem Vortrag im Antikriegshaus Sievershausen. Darüber hinaus möchte er sich mit deutschen und europäischen Politikern sowie mit Vertretern der Zivilgesellschaft vernetzen.