VVV-Arbeitskreis sucht Material über den Magdalenenfriedhof und das Armenhaus
Mitte Januar konstituiert sich der neue VVV-Arbeitskreis "Magdalenenfriedhof". Sein Anliegen ist es, für ein attraktiveres Erscheinungsbild der 436 Jahre alten historischen Grabanlage zu sorgen und die Realisierung kultureller Veranstaltungen auf dem Gelände zu forcieren. Im Jahr 2022 soll zudem eine Ausstellung über den Magdalenenfriedhof entstehen, die auch das ehemals benachbarte Armenhaus mit einbezieht. Mit dessen Abriss im Jahr 1971 erlosch die jahrhundertealte Geschichte der ehemaligen Herberge der kirchlichen Armenfürsorge, in der sich seit 1880 auch eine Diakonissenstation mit drei Krankenzimmern und einer Diakonissenwohnung befand.
Eine Projektgruppe des Arbeitskreises nimmt demnächst die Vorbereitungen für die Ausstellung auf. Sie wendet sich mit einem Aufruf an Zeitzeugen, die sich an das Armenhaus erinnern oder über Erlebnisse berichten können, die mit dem Magdalenenfriedhof in Verbindung stehen. Optimal wäre zudem erhaltenes Fotomaterial aus früheren Zeiten, auf denen der Magdalenenfriedhof oder das Armenhaus abgebildet sind. Willkommen sind auch Fotos von Kulturveranstaltungen, die in den 1980er Jahren in der Kirchenkapelle stattgefunden haben. Für interessierte Personen, die einen Betrag zur Ausstellung leisten möchten, stehen Karsten Desens (Telefon 05136/84264) oder VVV-Geschäftsführer Gerhard Bleich (Telefon 05136/1862) als Ansprechpartner zur Verfügung.
Vom Kirchenliederdichter bis zum Nudelfabrikanten
Schon seit den 1960er Jahren finden keine regulären Begräbnisse mehr auf dem 1584 entstandenen Magdalenenfriedhof statt. Ausnahmeregelungen gab es beispielsweise 1965 für den ehemaligen Besitzer der Burgdorfer Nudelfabrik Alfred Hansmann und den 2001 verstorbenen Tierarzt Volkmar Schüler sen.. Heute lassen sich noch mehr als 630 Grabstellen identifizieren. Beim Anschauen der Inschriften auf den Grabsteinen, die lange Zeit nur den Wohlhabenen vorbehalten waren, enthüllt sich dem Betrachter ein Who’s Who ehemals bedeutender Persönlichkeiten aus dem gesellschaftlichen und kirchlichen Leben der Stadt.
Angehörige der hier bestatteten Oberschichten waren die fast 150 Jahre erfolgreiche Burgdorfer Unternehmerfamilie Sannemann, der 1883 verstorbene, 30 Jahre als Amtsrichter tätige Bernhard Culemann, der von 1889 bis 1926 regierende Bürgermeister Heinrich Schuster und die Senatorendynastie Niemack, von deren Familienangehörigen zahlreiche Grabstellen erhalten sind. Unvergessen ist der Kirchenliederdichter und Superintendent Carl Johann Philipp Spitta, dessen sterbliche Hülle seit dem 28. September 1859 in der nahen Gesellschaft anderer Burgdorfer geistlicher Würdenträger an der sogenannten "Superintendentenecke" liegt. In dem renovierten und umgestalteten Raum der 1869 neu entstandenen Friedhofskapelle veranstaltet Scena – der Kulturverein im VVV – jährlich zwischen April und Oktober drei Kunstausstellungen. Bereits in den 1980er Jahren fanden in der Kapelle Konzertveranstaltungen statt.
Lazarus-Relief als einziges Relikt des Armenhauses
Das 1680 entstandene Armenhaus am Magdalenenfriedhof, das unter der Aufsicht von zwei Vorstehern aus der Bürgerschaft und unter der Oberaufsicht des Superintendenten stand, war für "alte abgelebte, schwache, kränkliche, gebrechliche und unvermögende Leute" bestimmt. Für 12 bis 15 Personen standen eine große Stube und für jeden eine separate Kammer bei freier Feuerung und freiem Licht zur Verfügung. Speise und Trank mussten selbst beschafft werden. Finanzielle Mittel aus der kirchlichen Armenkasse sowie Spenden vermögender Bürger sorgten für die Unterhaltung des Armenhauses.
In den folgenden Jahrhunderten gab es keine wesentlichen Veränderungen in und um die Einrichtung. Vom April 1942 bis 1951 wohnte auch die neue Gemeindeschwester Erika Kempf im Armenhaus. 1971 musste das Anwesen der Hochbrücke, die die Bundesstraße 188 über die Bahnlinie in die Stadt führt, weichen und fiel am 26. März 1971 dem Abbruchbagger zum Opfer. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude bereits sehr baufällig und seit drei Jahren nicht mehr bewohnt. An die Existenz des Hauses erinnert heute nur noch das aus dem 17. Jahrhundert stammende und bis vor dem Abriss an der Eingangsseite aufgehängte Lazarus-Sandsteinrelief, das an der Wand des südlichen Seitenschiffes der St. Pankratius-Kirche einen neuen Platz fand.