Spielbanken in Niedersachsen: Wie läuft der Übergang bis zur Merkur-Übernahme?
Obwohl bereits für Oktober 2024 eine gerichtliche Einigung im Rechtsstreit um die Weiterführung der Spielbanken in Niedersachsen in Aussicht gestellt worden war, ist dessen Ausgang weiter ungewiss. Wie in zahlreichen Medien berichtet, läuft das Verfahren bereits seit über einem Jahr, denn die Klage wurde erstmals nach Bekanntwerden der Lizenzvergabe im November 2023 zum Thema.
Seitdem streiten sich nun die bisherige Betreiberfirma der Spielbanken Niedersachsen GmbH (SNG) und der vermeintliche neue Lizenznehmer der insgesamt 10 Spielbetriebe im Bundesland, die MSBN GmbH. Aktuell wurde die Sachlage durch eine Übergangslizenz an die SNG gelöst, um den laufenden Spielbetrieb nicht zu gefährden und die damit verbundenen 400 Arbeitsplätze aufrecht zu erhalten.
Dennoch hat sich der Fall inzwischen auch zu einer politischen Diskussion entwickelt und scheint noch lange nicht vom Tisch zu sein. Warum das so ist und was man zu den Hintergründen noch wissen sollte, klären wir hier.
Notwendige Lizenzerneuerung durch aktualisierte Rechtslage
Dass ein möglicher Betreiberwechsel von landbasierten Glücksspielbetrieben überhaupt möglich ist, hat mit der Tatsache zu tun, dass die vergebenen Lizenzen jeweils befristete Laufzeiten haben und damit rechtzeitig erneuert werden müssen, um Glücksspiel auch weiterhin legal anbieten zu können.
Die juristische Grundlage hierfür wurde zuletzt mit dem im Sommer 2021 in Kraft getretenen neuen Glücksspielstaatsvertrag aktualisiert, der zwar in erster Linie Online-Plattformen wie beispielsweise Jackpot50 regulieren soll, jedoch ebenso Anwendung für ortsgebundene Spielangebote findet. Er ermöglicht zudem, dass ehemals rein staatliche Institutionen wie Spielbanken inzwischen von privaten Unternehmen geführt werden können, sofern diese eben im Besitz einer gültigen staatlichen Konzession sind.
Deren Einhaltung wird regelmäßig überprüft, um den Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten und sicherzugehen, dass faire Spielbedingungen eingehalten werden. Läuft eine erhaltene Lizenz aus, muss der Antragsprozess aufs Neue erfolgreich durchlaufen werden.
Weiterhin hatte sich das Land Niedersachsen nach Wirksamwerden des neuen Beschlusses dazu entschieden, sein Vergabeverfahren zu überarbeiten. Die Neulizenzierung soll somit dafür sorgen, den fairen Wettbewerb zu fördern und verstärkte Spielerschutzmaßnahmen umzusetzen, um das Problem der Spielsucht wirkungsvoll anzugehen.
Was im Detail hinter dem Rechtsstreit steckt
Die zuletzt gültige Lizenz für den Betrieb der Spielbanken Niedersachsen GmbH ist zu Ende August 2024 ausgelaufen. Sie galt für die folgenden zehn Spielbetriebe: Die Spielcasinos in Bad Zwischenahn, Braunschweig, Hannover und Osnabrück sowie die Automatencasinos in Bad Bentheim, Bad Pyrmont, Göttingen, Norderney, Seevetal und Wolfsburg.
Die MSBN GmbH hatte sich rechtzeitig darum beworben, neuer Lizenznehmer für all diese Standorte zu werden und damit ab 1. September 2024 deren offizielle Weiterführung zu übernehmen. Hierfür wurde ihr seitens der zuständigen Behörden auch der notwendige Zuschlag erteilt, den die Spielbanken Niedersachsen GmbH jedoch nicht als rechtsgültig anerkennt, da sie selbst die Geschäfte nicht abgeben möchte.
Folglich wurde eine Klage eingereicht, die auch seitens der Oppositionsparteien in Niedersachsen unterstützt wird. Diese zweifeln ebenfalls an, ob die Vergabe mit der erforderlichen Transparenz erfolgte oder hier vielleicht Vorteilsnahme vorliegt, wodurch sich das komplette Verfahren und die daran geknüpfte Entscheidung als nichtig herausstellen könnten. Zudem wird angekreidet, dass die Neuausschreibung sich lediglich auf acht bis zehn Standorte bezog, obwohl aktuell zweifelsfrei 10 Spielstätten in Betrieb sind.
Da keine rechtzeitige Klärung vorgenommen werden konnte, beschloss das Finanzministerium, vorübergehend eine Interimslösung zu nutzen. Diese sieht so aus, dass die Spielbanken Niedersachsen GmbH eine Übergangslizenz erhalten haben, mit der sie weiter agieren können, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.
Sie soll Kontinuität im Spielbetrieb sowie den Erhalt der betroffenen Arbeitsplätze sichern, zeitgleich jedoch auch gewährleisten, dass weiterhin derselbe Standard an Spielerschutzmaßnahmen eingehalten wird.
Die beiden Hauptakteure sind in der Branche keine Unbekannten
Richtig spannend wird die Debatte, wenn man einmal genauer betrachtet, wer eigentlich hinter den Betreiberfirmen steckt und welche wirtschaftlichen Interessen damit in diesem Fall sehr engagiert vertreten werden: Auf der einen Seite steht die SNG, die ihrerseits eine Tochter des in Österreich ansässigen Großkonzerns Casinos Austria International GmbH ist.
Dieser unterhält nicht nur sämtliche österreichische Spielbanken sowie die einzig legale Glücksspielplattform für den österreichischen Markt, sondern ist auch an weiteren Glücksspielunternehmen weltweit beteiligt. Die Casinos Austria International GmbH verzeichnet einen jährlichen Bruttospielertrag in dreistelliger Millionenhöhe und verteidigt daher seine 10 deutschen Niederlassungen mit entsprechender Vehemenz.
Ihr gegenüber kämpft die MSBN GmbH um ihr Recht, die zu keinem Geringerem als der bekannten Merkur Group gehört, die zuvor unter dem Namen Gauselmann-Gruppe lief und nicht nur Inhaberin der Merkur Spielbanken ist, sondern auch bei Sportwetten und Online Spielotheken ordentlich mitmischt.
Darüber hinaus hat sie bereits erfolgreich die zuvor staatlichen nordrheinwestfälischen Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund-Hohensyburg sowie Duisburg übernommen. Die zehn weiteren Betriebe wollte die MSBN GmbH unter ihrer Dachmarke Merkur Spielbanken fortführen und damit ihren Einfluss in Deutschland ganz entscheidend ausbauen.
Reibereien zwischen den Betreibern von Anfang an
Es ist nachvollziehbar, dass bei den hierbei zur Diskussion stehenden Umsatzsummen keine der beiden Parteien klein beigeben möchte und zwei harte Konkurrenten aufeinandertreffen, die bereit sind, jede Menge Geld in das Gerichtsverfahren zu stecken. Eine Einigung scheint somit noch in weiter Ferne zu sein.
Während die Merkur Group ihrerseits Casinos Austria vorwirft, mit der Klage eine reine Verzögerungstaktik zu fahren und die Übergabe zu erschweren, wird sie selbst ebenfalls kritisch betrachtet. Schließlich könnte sie durch weitere 10 Spielcasinos zu viel Anteile am deutschen Markt übernehmen und damit den freien Wettbewerb gefährden.
Befürworter der Lizenzübertragung sehen jedoch auch die Chance, dank der Merkur Spielbanken das lokale Geschäft umfassend zu modernisieren, indem beispielsweise so etwas wie die Online-Markt häufig genutzten Boni und Promotionen eingeführt werden, um attraktiver für Kunden zu werden.
Wie geht es weiter?
Die Übergangslizenz garantiert aktuell zwar den regulären Spielbetrieb, ist jedoch nur für ein Jahr gültig und damit lediglich ein vorübergehender Kompromiss. Zwar hat Merkur nicht nur zugesichert, alle Arbeitsplätze zu erhalten, sondern sogar noch weitere zu schaffen, theoretisch ist allerdings sogar die Schließung einzelner Standorte möglich.
Sollte der gerichtliche Entscheid zugunsten der bisherigen Betreiberfirma SNG ausfallen, so würde der vorgesehene Übertrag auf Merkur Spielbanken hinfällig. Es steht hier für beide Parteien viel auf dem Spiel, weshalb sich das Verfahren in die Länge ziehen kann.
Experten gehen indessen davon aus, dass der Konflikt dem Online-Markt weitere Zuwächse verschafft, weil Kunden verstärkt auf digitale Alternativen abwandern.