Scharfe Kritik von Burgdorfs Ortsbrandmeister Bethmann: „Wir fahren das System an die Wand“
Foto: Bastian Kroll
Es war eine Jahreshauptversammlung, wie es sie bei der Freiwilligen Feuerwehr Burgdorf lange nicht gegeben hatte: Ortsbrandmeister Florian Bethmann hatte so einige Dinge auf dem Zettel, die er der Stadtverwaltung wie aber auch Rat vorwarf. Bürgermeister Armin Pollehn hatte sich viele Notizen zu machen. Es gebe deutliche Defizite bei der Ersatzkleidung, Fahrzeugbeschaffungen, Feuerwehrzufahrten wie auch unnötige Dienstanweisungen. Doch der Reihe nach.
Am gestrigen Sonnabend, 22. Februar 2025, kamen die Mitglieder der Schwerpunktfeuerwehr Burgdorf zu ihrer Jahreshauptversammlung im Feuerwehrhaus zusammen. Rund 90 Gäste konnte Ortsbrandmeister Florian Bethmann dazu begrüßen, darunter Bürgermeister Armin Pollehn, die Vorsitzende des Feuerwehrausschusses, Beate Neitzel, Stadtbrandmeister Dennis-Frederik Heuer, Ehrenstadtbrandmeister Alfred Brönnemann, der stellvertretende Brandschutzabschnittsleiter Tim Hermann, Vertreter der Feuerwehren aus Schillerslage, Otze und Weferlingsen, der stellvertretende Stadtbrandmeister aus Lehrte, Jens Dannenbring, sowie der Feuerwehr Immensen, Regionsstabführer Rüdiger Finze, Vertreter der Feuerwehr Winsen/Luhe, vom THW der Ortsbeauftragte Lukas Czeszak, von der Polizeiinspektion Burgdorf den Leiter Einsatz, Fritz-Raimund Schael, vom DRK Burgdorf den Vorsitzenden Rüdiger Nijenhof, den Vorsitzenden der Burgdorfer Schützengesellschaft, Jörg Hoppe, sowie die Kirche mit Superintendentin Sabine Preuschoff an der Spitze.
Für die musikalische Untermalung sorgte der rund 30-köpfige Musikzug der Freiwilligen Feuerwehren Burgdorf und Hänigsen unter der Leitung von Alexander Dunkel.
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Mehr Einsatzstunden
Allen voran stellte der Ortsbrandmeister seinem Jahresbericht der Dank an die Einsatzkräfte der Ortsfeuerwehr. 91 Mitglieder zählt die Einsatzabteilung derzeit. Diese hätten „eine unglaubliche Leistung im Jahr 2024“ erbracht. 259 Einsätze stehen zu Buche, alleine in den Einsätzen verbrachten die ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte mehr als 5000 Stunden. Es sind zwar weniger Einsätze als 2023 gewesen (288), doch dabei wurden rund 370 Stunden mehr Einsatzstunden geleistet. Nochmal 4815 Stunden wurden bei den Ausbildungsdiensten erbracht. Mit allen Abteilungen, darunter Jugendfeuerwehr, Kinderfeuerwehr, Musikzug und Altersabteilung, stehen 28.661 Stunden in den Büchern. „Das sind die, die wir aufgeschrieben haben“, betonte Bethmann,. Viele weitere Stunden, die „zwischendurch“ im Rahmen der Feuerwehrtätigkeit geleistet wurden, seien nicht erfasst.
Zum ersten Einsatz des Jahres 2024 wurden die Kräfte der Ortsfeuerwehr Burgdorf am 1. Januar gerufen, als eine Explosion am MVZ in der Weststadt gemeldet worden war. Der letzte Einsatz war der erste von 15 Einsätzen in der Silvesternacht von 2024 auf 2025. Und in diesem Zuge sprach Bethmann die Stadt zum ersten Mal direkt an: Da der erste Einsatz ein Brandeinsatz war und die verdreckte Kleidung zunächst in die Reinigung muss, hatten diese Mitglieder keine Einsatzkleidung mehr. „Wir müssen die Leute direkt wieder ausstatten können“, forderte Bethmann.
In derselben Nacht kam es auch zu einer körperlichen Auseinandersetzung der Feuerwehrkräfte bei einem Einsatz in der Innenstadt. „Es kommt zu einer Abstumpfung und Verrohung“, so Bethmann. „Es ist ein Punkt erreicht, wo ich nicht mehr weiß, was ich tun soll“, erörterte er. Das Thema „Keine Gewalt gegen Retter“ müsse dennoch weiterhin präsent bleiben.
Nach 17 Uhr herrscht „Park-Anarchie“
Ein weiteres Thema in Richtung Stadtverwaltung war die Verkehrssituation in der Stadt. Verkehrsberuhigungen würden für Verzögerungen bei den Anfahrt zum Feuerwehrhaus sorgen. Verengungen seien aber Hindernisse für die breiten Einsatzfahrzeuge. „Wir bremsen unsere eigenen Mitglieder aus. Wir sind auf dem Weg zum Feuerwehrhaus nicht erkennbar“, fügte auch Stadtbrandmeister Dennis-Frederik Heuer hinzu. Die Einsatzkräfte seien dadurch später im Gerätehaus und letztendlich auch später an der Einsatzstelle.
Hinzu kommen zugeparkte Feuerwehrzufahrten oder beidseitig zugeparkte Straßen. „Gerade nach 17 Uhr herrscht in Burgdorf Park-Anarchie“, monierte der Ortsbrandmeister. Er würde sich freuen, wenn da häufiger nachgeschaut würde.
Hinsichtlich der Feuerwehrzufahrten gab es noch einen zweiten Punkt. Er fordere seit fünf Jahren, einen Plan der Feuerwehrzufahrten zu bekommen. Bei einem Einsatz sei die Drehleiter in einen Abwasserschacht versunken, der da nicht hätte sein sollen. Der Bürgermeister entgegnete, dass dies in Arbeit sei.
Verständnis der Politik gefordert
Was Florian Bethmann schon länger fordert, sind leichtere Atemluftflaschen. Diese wiegen 2,3 Kilo. „Die kann ich hier am langen Arm halten“, zeigte der Ortsbrandmeister an einem Anschauungsobjekt. In Lehrte seien diese bereits Standard, in Burgdorf würde nach wie vor auf schwere Stahlflaschen gesetzt. „Laufen sie damit mal in den fünften Stock“, so Bethmann in Richtung Stadt und Rat. Das Gewicht der reinen Atemschutzausrüstung beträgt heute mit den Stahlflaschen rund 16 Kilogramm. Hinzu kommt noch die persönliche Schutzausrüstung und notwendiges Material.
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Bethmann forderte mehr Verständnis von der Politik für die Arbeit der Feuerwehr und lädt diese in die Wache ein. „Eine Art kleiner Tag der offenen Tür“, so Bethmann.
Verärgert zeigte er sich auch über die Bauarbeiten direkt vor der Wache. „Die Baustelle ist da seit Oktober, passiert ist nicht viel, was noch passieren wird, weiß auch ich nicht“, monierte er. Auch die neue geplante Zuwegung für Einsatzkräfte vor dem Feuerwehrhaus könne er nicht verstehen. Er hatte immer eine Zuwegung über den Sorgenser Grundweg präferiert. „So wie es jetzt kommt, nutzt es der Feuerwehr überhaupt nichts.“
Auch in der Stadtverwaltung sieht er wenig Verständnis. Manche Entscheidungen würden zeigen, „das Fachwissen nicht überall vorhanden ist“, so Bethmann mit einer Spitze in Richtung Stadtverwaltung. Besonders habe ihn eine Dienstanweisung der Stadt geärgert, in der vorgeschrieben wurde, dass die Drehleiter bei Einsatzstellen südlich der Aue immer zuerst auszurücken haben. Diese habe der Bürgermeister nach der Intervention durch den Ortsbrandmeister zurückgenommen. „Ich weiß ja auch nicht alles. Aber man kann uns doch fragen“, so Bethmann, der das Thema mit den Worten abschloss: „Ich bin gespannt, welcher Blödsinn in diesem Jahr kommt“.
In diese Kategorie könnte auch das Thema Akkuschrauber gehören: Bereits 2018 wurde der Ortsfeuerwehr die Anschaffung eines Akkuschraubers verwehrt. Der Ortsfeuerwehr wurde daraufhin ein Akkuschrauber gespendet. „Natürlich kann man auch einen Schraubenzieher benutzen. Der Akkuschrauber hat uns gute Dienste geleistet. Aber nun raucht er, wenn man ihn benutzt. Wir brauchen also einen neuen“, so Bethmann. Doch die Stadtverwaltung winkte ab. Eine Ersatzbeschaffung sei nicht möglich, da der jetzige ja nicht von der Stadt beschafft worden sei, berichtete der Ortsbrandmeister. Spontan hatte gestern Schützen-Chef Jörg Hoppe zugesagt, der Ortsfeuerwehr einen neuen Akkuschrauber zu spenden.
Besser laufe es wenigstens bei der Beschaffung der Fahrzeuge, „was bitter nötig ist“, so Bethmann. In diesem Jahr soll der Gerätewagen Wasserrettung ersetz werden, zudem soll ein Tanklöschfahrzeug sowie zwei Gerätewagen Logistik als Ersatzbeschaffungen in Dienst gestellt werden. Ein neuer Mannschaftstransportwagen soll Mitte 2026 auf dem Hof stehen.
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Erfolgreiche Nachwuchsabteilungen
Eine Herausforderung der ganz anderen Art stellen die Nachwuchsabteilungen: 14 neue Mitglieder, davon 7 aus der Jugendfeuerwehr, sind im vergangenen Jahr zur Einsatzabteilung dazugestoßen. „Das ist eine unglaubliche Zahl“, so Bethmann.
„Es zeigt, dass die Jugendfeuerwehr und später auch die Gründung der Kinderfeuerwehr mit Abstand das Beste waren, was wir je getan haben“, unterstrich er. Jugendfeuerwehrwart Jan Kruse und Kinderfeuerwehrwart Tobias Heck gaben einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten der beiden Nachwuchsabteilungen (wir berichteten über die Jahreshauptversammlung).
Neue Einsatzkräfte müssten nun integriert werden. Das heiße auch, dass alte Hasen von den Jungen lernen und die Jungen von den Älteren. „Feuerwehr ist Teamplay“, unterstrich er. Er sei begeistert von der Harmonie in der Wehr, die zur Motivation beitrage.
Gute Zusammenarbeit der Stadtfeuerwehr
In diesem Zuge lobte er auch die gute Zusammenarbeit der gesamten Stadtfeuerwehr, diese sei „unheimlich gut geworden“, womit die Stadtverwaltung den nächsten Denkzettel bekam. Denn: Wurde bei der Beschaffung des Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeugs der Ortsfeuerwehr noch ein Druckzumischer verwehrt, mit dem Versprechen diesen dann im Tanklöschfahrzeug (TLF) zu verbauen, so wurde dieses Versprechen gebrochen.
Das Burgdorfer Stadtkommando, in dem alle Ortsbrandmeister Burgdorfs sind, habe dann entschieden, dass dieses Gerät über das Feuerwehrbudget gekauft werde. Immerhin kommt das TLF als Sonderfahrzeug stadtweit zum Einsatz. „Dadurch war das Feuerwehrbudget aufgebraucht und alle Burgdorfer Ortsfeuerwehren konnten in diesem Jahr nicht anderes mehr anschaffen“, betonte Bethmann und drückte hierbei ausdrücklich seinen Dank für diese Unterstützung aus.
Oldtimer als Feuerwehrfahrzeuge?
Doch das Feuerwehrbudget wird auch dieses Jahr strapaziert, wofür die Stadt die Verantwortung trage. Drei Löschfahrzeuge seinen im Stadtgebiet derzeit defekt. „Diese sollten aber 2024 bereits ersetzt werden“, so Bethmann. Die Kosten für die jetzt notwendig gewordenen Reparaturen werden nun zu Lasten des Feuerwehrbudgets gehen. „Wir fahren das System an die Wand“, so Bethmann deutlich. Es bestehe ein Beschaffungsstau, den wir über Jahre nicht abbauen können. „Das darf nicht zur Routine werden“, so Bethmann. Die Fahrzeuge von 2003 und 2004 sollen erst 2029 ausgeschrieben werden. „Mit etwa vier Jahren Lieferzeit sind die Fahrzeuge dann 29 bis 30 Jahre alt. Das sind Oldtimer. Die Fahrzeuge werden so lange nicht halten“, prophezeite er. „Auch die kleinen Feuerwehren müssen vernünftig ausgestattet werden“, forderte er und erhielt großen Applaus der Anwesenden. Es hatte auch ausgerechnet: Mit dem Geld, was für die Reparaturen der alten Feuerwehrfahrzeuge ausgegeben werden muss, hätte die gesamte Stadtfeuerwehr leichte Atemluftflaschen bekommen können. Aus seinem eigenem Betrieb wisse er: „Es muss jedem klar sein: Wenn man etwas aufschiebt, wird es später teurer“.
Bürgermeister Armin Pollehn entgegnete: „Für mich ist die Feuerwehr kein Sparschwein. Es sei in den vergangenen Jahr mit Verwaltung und Feuerwehrausschuss viel aufgeholt worden. Bei mir hat der Brandschutz Vorrang“, betonte der Bürgermeister. „Natürlich gibt es Dinge, die Verbesserungswürdig sind“, erklärte er. Er hoffe auf den Dialog untereinander, miteinander zu reden und Kompromisse zu finden.
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Dankesworte
Bürgermeister Armin Pollehn dankte den ehrenamtlichen Feuerwehrkräften für ihre Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft. Seine „vollste Unterstützung“ sagte er auch für die Kinderfeuerwehr und Jugendfeuerwehr zu. Diese laufen „vorbildlich“, so Pollehn.
Dank kamen auch von Stadtbrandmeister Dennis-Frederik Heuer, der Feuerwehrausschussvorsitzenden Beate Neitzel und dem stellvertretenden Brandschutzabschnittsleiter Tim Hermann. Pastorin Friederike Grote leitete mit der kirchlichen Losung 2025 ein: „Prüft alles und behaltet das Gute“. Friederike Grote dazu: „Die Feuerwehr behalten wir, die brauchen wir.“
„Da kann man nur Respekt zollen“, so der THW-Ortsbeauftragte Lukas Czeszak. Er bedankte sich ausdrücklich dafür, dass die Feuerwehr dem THW Burgdorf beim Neustart der Jugendgruppe unterstützte und unterstrich die gute Zusammenarbeit untereinander.
Ehrungen und Ernennungen
Höhepunkt der Versammlung war wieder die Verleihung neuer Dienstgrade sowie Ehrungen.
Zum Feuerwehrmann ernannt wurden Johannes Haferkamp, Adrian Horn und Bendix Uredat. Den Dienstgrad Feuerwehrfrau erhielt Cheyenne Tribohn. Die vier legten ihren Feuerwehreid auf der Fahne der Ortsfeuerwehr ab.
Finn-Luca Bähre und Florian Zeumer wurden zum Oberfeuerwehrmann und Kiala Volbers zur Oberfeuerwehrfrau ernannt.
Der Dienstgrad Hauptfeuerwehrmann wurde Norman Puffay und Max Wickboldt verliehen. Erster Hauptfeuerwehrmann darf sich nun Patrick Erbguth nennen.
Den Dienstgrad Löschmeister erhielten Niklas Gottschalk und Florian Schäfer. Weiter wurden Tobias Heck, André Helms und Julian Naujoks zu Oberlöschmeistern ernannt.
Für 25-jährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr wurde Karsten Petersen mit dem Feuerwehrehrenzeichen des Landesfeuerwehrverbands geehrt. Olaf Kuhfuß wurde mit dem Feuerwehr.Ehrenzeichen des Landes Niedersachsen für seine 40-jährige aktive Mitgliedschaft in der Feuerwehr ausgezeichnet.
Für besondere Verdienste im Feuerlöschwesen und der Brandbekämpfung wurden zwei hohe Ehrungen verliehen. Das Niedersächsische Feuerwehr-Ehrenzeichen am Bande wurde Frank Riehlein und Simon Grabow verliehen.
Ebenso für besondere Verdienste erhielt der THW-Ortsbeauftragte Lukas Czeszak die Niedersächsische Ehrenmedaille. Diese wird Zivilpersonen verliehen, die nicht aktives Mitglied in der Feuerwehr sind, sich aber besonders im Feuerwehrwesen verdient gemacht werden. Die Anzahl der Auszeichnungen ist begrenzt. In Niedersachsen wird sie nur rund 45 Mal im Jahr verliehen.
Aus den aktiven Dienst verabschiedet wurden Olav Kuhfuß und Rüdiger Kruse, die beide auf ein langes Wirken in der Feuerwehr zurückblicken können und mit entsprechenden Ehren aus dem aktiven Dienst entlassen wurden.
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