Lehrter Ärzte äußern Besorgnis über medizinische Versorgung nach Klinikschließung
In einem offenen Brief äußern Lehrter Hausärztinnen und Hausärzte ihre Besorgnis über die medizinische Versorgung in der Region nach der Schließung des Lehrter Krankenhauses. Sie schildern ihre Erfahrungen aus der täglichen Praxis und fordern konkrete Maßnahmen, um eine angemessene gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Nachfolgend wird der offene Brief in voller Länge veröffentlicht.
Offener Brief Lehrter Hausärztinnen und Hausärzte zur medizinischen Versorgung nach Schließung des Lehrter Krankenhauses
Als in Lehrte tätige Hausärztinnen und Hausärzte verfolgen wir die Diskussion um die Schließung des Klinikums Lehrte und die Neuordnung der medizinischen Versorgung in unserer Stadt mit großem Interesse.
Wir, die unterzeichnenden Kolleginnen und Kollegen, sichern seit vielen Jahren die allgemeinmedizinische Versorgung der Lehrter Bevölkerung. Zuverlässig, kompetent und bürgernah. Wir begleiten unsere Patientinnen und Patienten von der Geburt bis ins hohe Alter, wir kennen die von uns betreuten Familien über Jahrzehnte und wissen um die kleinen und großen Nöte unserer Patientinnen und Patienten. In den Lehrter Pflegeheimen führen wir regelmäßig Visiten durch; schwerstkranken Palliativpatientinnen und -patienten ermöglichen wir die Versorgung im heimischen Umfeld.
Auch in der Corona-Pandemie konnte sich die Lehrter Bevölkerung auf uns verlassen. Gemeinsam mit unseren Teams erlebten wir eine herausfordernde Zeit und organisierten im kollegialen Miteinander die größte Impfkampagne in der Geschichte der Stadt Lehrte.
Die Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) hat 2024 das Klinikum Lehrte geschlossen.
Die Diskussion um die Schließung des Klinikums bewegt die Stadtgesellschaft weiterhin sehr. Hier die aus unserer Sicht drängendsten Probleme:
- Es besteht eine erhebliche medizinische Versorgungslücke in der Dermatologie und in der Nuklearmedizin, zuvorderst aber in der chirurgischen Notfallversorgung.
- Durch den anstehenden Wegfall der Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), wahrscheinlich im Jahr 2026, wird sich die ärztliche Versorgung der Lehrter Bevölkerung in absehbarer Zeit weiter verschlechtern.
- Die Ausstattung der DRK-Rettungswache Lehrte wurde an diese tiefgreifenden Veränderungen bisher nicht angepasst. Durch längere „Rollzeiten“ zu entfernt gelegenen Kliniken sind die Lehrter Rettungswagen seltener im Stadtgebiet verfügbar. Diese Versorgungslücken gilt es zu schließen. Zur Kompensation des Wegfalls des Klinikums Lehrte wurde der Stadt Lehrte ein Regionales Gesundheitszentrum (RGZ) zugesagt. Das auf dem Gelände des ehemaligen Klinikums geplante RGZ soll neben Arztpraxen verschiedene Anbieter des Gesundheitsbereichs umfassen. Unter den gegebenen Voraussetzungen befürworten wir die Ansiedlung eines RGZ in Lehrte. Der Resolution des Rates der Stadt Lehrte vom 5. März 2025 schließen wir uns ausdrücklich an. Nun gilt es, das RGZ zu gestalten und den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung anzupassen.
In unserem hausärztlichen Bereich besteht derzeit weder in der Kernstadt noch in den Lehrter Ortsteilen ein Versorgungsengpass. Damit dies dauerhaft so bleibt, ist es unabdingbar, dass freiwerdende Kassenarztsitze für die Nachfolgerinnen und Nachfolger der inhabergeführten Praxen zur Verfügung stehen. Nur so kann auch in Zukunft – insbesondere in den Ortsteilen – eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung ermöglicht werden, die auch die Versorgung der örtlichen Pflegeheime und immobiler Patientinnen und Patienten im häuslichen Umfeld umfasst.
An die Geschäftsführung der Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) richten wir folgenden Appell:
- Schaffen Sie eine dauerhafte chirurgische Notfallversorgung im RGZ, z. B. durch eine Rotation chirurgischer Kolleginnen und Kollegen der verbliebenen KRH-Kliniken.
- Stellen Sie nach dem zu erwartenden Wegfall der kassenärztlichen Notdienstpraxis
zudem eine internistische Notfallversorgung in den Abend- und Nachtstunden sowie am Wochenende in Lehrtes Zentrum sicher. Diesem oft geäußerten Wunsch unserer Patientinnen und Patienten schließen wir uns an.
Zu den Kernarbeitszeiten sind die Lehrterinnen und Lehrter hausärztlich sehr gut versorgt. Sie brauchen auf absehbare Zeit keine weitere Hausarztpraxis in der Kernstadt, sondern eine Anlaufstelle für chirurgische und internistische Notfälle. Für dieses Vorhaben dürfen keine ambulanten allgemeinmedizinischen Kassenarztsitze Verwendung finden, um die gute hausärztliche Versorgung, insbesondere im ländlichen Bereich, nicht dauerhaft unmöglich zu machen (siehe oben).
Unser Appell an die Region Hannover lautet:
- Statten Sie den Rettungsdienst so ausreichend mit entsprechenden Rettungswagen aus, dass die Notfallversorgung in ganz Lehrte – auch ohne Lehrter Krankenhaus – Tag und Nacht sichergestellt wird.
Unser immer geltendes Angebot: Treten Sie mit uns Hausärztinnen und Hausärzten der Stadt Lehrte gerne in den Dialog. Wir kennen die Lehrterinnen und Lehrter – und wir kennen die medizinische Versorgungslage in unserer Stadt. Gerne wirken wir bei der Neugestaltung der Versorgungslandschaft in unserem Bereich mit.
Lehrte, 12. März 2025
31 Unterzeichnende:
Mathies Blühdorn, Alexander Buchmann, Dr. Calin Budac, Dr. Birte Eichler, Ahmet Gülle, Nelli Grin, Renke Harms, Dr. Stephanie Heidrich, Dr. Michael Kleinen, Dr. BriEa Langkopf, Josephine Laue-Kaiser (Ärztin in Weiterbildung, ÄiW), Susanne Mätzig, Dr. Felix Martens, Dr. Julia Martin, Josephine Nicolaus, Dr. Florian Nieschlag, Sabine Pierow, Ulrich Pierow, Dr. Jan Rosengarten, Dr. Guido Schwan, Dr. Werner Skorek, Dr. Peter Sörensen,
Dr. Tessa Spethmann, Michael Steinke, Imke Stengel, Dr. Andrea Stomps, Sina Tollnick (ÄiW), Dr. Annegret Vahlbruch, Dr. Tanja Voigt, Anastasia Wels, Simon Wolff (AiW)