Burgdorf

Lokale Kirchenentwicklung ja, aber wie?

[BURGDORF]

Eigentlich sollte das Gespräch mit Christian Hennecke dem Leiter der Hauptabteilung Personal beim Bistum Hildesheim zum Thema "Lokale Kirchenentwicklung" für mehr Klarheit sorgen. Am Ende aber blieben mehr Fragen als Antworten. Dieses zeigte sich auch im Anschluss der sehr gut besuchten Veranstaltung im Pfarrsaal von St. Nikolaus Burgdorf am vergangenen Dienstag in den Gesprächen untereinander. So eine Teilnehmerin der unklar ist, wie jemand Gemeindemitglieder für kirchliches Engagement begeistern kann, der es bei den eigenen Kindern nicht geschafft hat. In einem anderen Kreis wurde lebhaft darüber gestritten, wann die katholische Kirche endlich begreife, auch Frauen zu Diakoninnen zuzulassen und auch darüber warum katholische Priester unverheiratet sein müssen. Gute Leute, die sich für dieses Amt berufen fühlen, werden dadurch, dass sie zölibatär leben müssen, davon abgehalten. Hennecke entgegnete diesem Hinweis, dass es in der evangelischen Kirche dadurch auch nicht mehr Geistliche gibt. Solange sich bestimmte Dinge in der katholischen Kirche nicht grundlegend ändern, so lange wird es mit einem kirchlichen Engagement derjenigen, die nur auf dem Papier in der Kirche sind, schwer sich für ihre Gemeinde zu engagieren, so die Diskussionen am Rande der Veranstaltung. Viele der Anwesenden hatten sich von diesem Abend mehr versprochen.

Gemeindereferent Stefan Horn hatte zu Beginn der Gesprächsrunde mit Hennecke die örtlichen Eckpunkte des Gemeindelebens von St. Nikolaus dargestellt. In einer Graphik der Altersdarstellung wurde sehr deutlich, dass gerade die Altersgruppe bis 20 Jahre kaum am kirchlichen Leben teilnimmt. Hier ist ein offensichtlicher Bruch wahrzunehmen. Dazu Peter Wirz: "Eir müssen es schaffen Kinder und Jugendliche früher zu greifen. Gerade im Zeitraum zwischen Taufe und Abitur fehlt es an Ideen Kinder und Jugendliche für Kirche zu begeistern." Als ein Nachteil, so Wirz weiter, gestalte es sich, dass die katholische Kirche hier in Burgdorf, anders als die evangelische Kirche, keinen Hauptamtlichen Hintergrund, wie Kindertagesstätten, hat. Ein Familienzentrum, wie bei St. Paulus in der Südstadt, findet bei St. Nikolaus nicht statt. Auf die Fragen von Wirz, wie eine Gemeinde dem entgegen wirken könne, wusste Hennecke keine eindeutigen Antworten. Seine rhetorisch gut verfassten Entgegnungen machten zeitweise die aus Sicht der Gemeinde "erschreckende Distanz" zwischen Gemeinde und der Bistumsverwaltung deutlich.

Auf die Frage eines langjährig engagierten Gemeindemitgliedes, warum in Wortgottesfeiern nicht auch die Kommunionausteilung erfolgen könne, entgegnete Hennecke, dass es hier wohl an Informationen fehle. Dieses sei schon länger möglich. Hennecke sprach sich mehrfach dafür aus, Kirche vor Ort zu fördern. Nur wie wurde nicht klar. Ein Gemeindemodell wie es derzeit noch aktuell ist wird es in Zukunft immer weniger geben, da es immer weniger Priester gibt. Daher ist Gemeinde zukünftig immer mehr auf Ehrenamtliche angewiesen. Dieses dürfe aber nicht dazu führen, so Hennecke, das Ehrenamtliche als Ersatzhauptberufliche angesehen werden. Diese Aussage wurde von den Anwesenden ganz anders gesehen. Kirche funktioniert heute nur noch deshalb, weil viele einfach aus Begeisterung nicht Nein sagen wollen. Ausdrücklich dargelegt wurde aber auch, dass viele Ehrenamtliche mit ihren Aufgaben heute schon überlastet sind. Dieses aber nur deshalb, weil sie aus Verantwortung nicht Nein sagen können. Und weil andere sich darauf verlassen, das es an anderer schon mache. Dieses zu ändern sei eines der größten Probleme der Zukunft, die es zu bewältigen gilt, auch vor dem Hintergrund des demographischen Faktors. Hinweise beziehungsweise Erfahrungswerte, wie dieses geschehen könne, konnte auch Hennecke nicht geben. Kirche ist im Umbruch, das wurde an diesem Abend allen ziemlich klar. Die Art, Glauben beziehungsweise Kirche zu leben, hat sich verändert und wird sich weiterhin verändern. Nur wie darauf reagieren? Darauf gab es keine Antworten und wenn dann nur allgemein gehaltene Aussagen. Hennecke wiederholte mehrfach, dass durch die Taufe alle die Weihe haben, sich am kirchlichen Leben zu engagieren. Warum, so ein Teilnehmer, entdeckt die Kirche die Laien erst jetzt, jetzt wo die Kirchenleitungen in ganz Deutschland merken, dass es so viele Hauptamtliche nicht mehr geben wird. Erst jetzt besinne sich Kirche wieder ihrer Mitglieder. Und das mit dem Hinweis auf die Weihe durch die Taufe. Für einige der Anwesenden ein ziemlich durchschaubares Spiel, das seinen Hintergrund vor den künftig fehlenden Finanzen hat.

Zum Schluss waren sich alle einig, dass Kirche, das Glaube aus relevanten Beziehungen lebt. Diese seien örtlich ganz verschieden. Kirche gestalte sich vor Ort. Diese Erkenntnis war den Anwesenden nicht neu. Kirche hat sich schon immer vor Ort gestaltet und lokale Kirchenentwicklung hat schon immer gegeben. Nur wurde sie so nicht benannt. Daher könne und solle Gemeinde alle Möglichkeiten der freien Gestaltung nutzen, so der Referent des Bistums. Diese, so einige Teilnehmer, gelte es dann aber auch von oben zu stützen und zu schützen. Durch gemeinsam erkannte Probleme könne man auch gemeinsam Lösungen finden. Für das Hauptproblem aber, wie erreiche ich diejenigen, die derzeit für kirchliches Leben überhaupt nicht zu begeistern sind, gab es keine Antworten. Ebenso, wie erfährt die Gemeinde welche Fähigkeiten ihre Mitglieder haben, die sie, wenn auch nur punktuell, einbringen können.

Anfang Februar kommen die Gremien von St. Nikolaus zu einer weiteren gemeinsamen Tagung zusammen, um über "Lokale Kirchenentwicklung" in St. Nikolaus weiter zu beraten.

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