Jugendliche werden auf gewaltfreien Umgang in den eigenen Beziehungen sensibilisiert
Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen lud am heutigen Mittwochmorgen, 25. November, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Burgdorf, Petra Pape, zu einer Schulvorführung in der Neuen Schauburg an. Eingeladen waren die 9. und 10. Klassen der Burgdorfer Schulen. Die Realschule hatte ihre kompletten Jahrgänge 9 und 10, insgesamt 6 Klassen mit etwa 170 Schülerinnen und Schülern angemeldet.
Gezeigt wurde der Film FESTUNG, ein preisgekrönter Film, der die Familiensituation aus der Sicht der 13-jährigen Tochter und ihrer zwei Schwestern erzählt. Petra Pape betonte vor dem Film, dass bei Auftreten von Übelkeit oder anderen Schockreaktionen sie beziehungsweise die KlassenlehrerIn für ein persönliches "Verarbeitungsgespräch" zur Verfügung stehen. Deutlich zeigt der Film FESTUNG innerfamiliäre Gewalt auf. Der ewige Kreislauf von Gewalt, Entschuldigung und erneuter Gewalt ist keine leichte Kost und soll mitnichten unterhalten. Schnell ist es dem Zuschauer kaum noch möglich, sich vom Schicksal der Figuren zu distanzieren.
Mit pädagogischen Begleitmaterialien zum Film wird dazu in der Schule gearbeitet. Am kommenden Freitag, 27. November, werden die Klassen von Experten zum Thema häusliche Gewalt besucht. Christoph Grote von der Beratungsstelle Mannigfaltig und Sabine Wegmann aus der Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt stellen den Jugendlichen ihre Arbeit vor und sprechen mit ihnen über die Formen von Gewalt auch in jugendlichen Paarbeziehungen.
Die Gleichstellungsbeauftragte erklärt: "Ich biete die Schulvorführung als präventive Maßnahme an, um Jugendliche für das Thema Gewalt in Paarbeziehungen zu sensibilisieren. Die Jugendlichen können in der Auseinandersetzung mit dem Thema auch eigene Verhaltensmuster reflektieren und so den gewaltfreien Umgang in ihren eigenen Beziehungen lernen. Gute Erfahrungen habe ich in den vergangenen Jahren auch mit der BBS Burgdorf gemacht. Dort wurde in der Nachbereitung eine sehenswerte Ausstellung erarbeitet, die jährlich in der Mensa der BBS zu sehen ist."
Informationen zum Film:
Kirsi Marie Liimataine, Regisseurin von FESTUNG:
Gewalt in der Familie passiert an dem Ort des größten Schutzes – Zuhause. Das Zuhause ist nicht mehr der Ort der Geborgenheit und der Sicherheit, an dem man Kraft schöpft für Schule, Arbeit, Hobbys. Es ist auch nicht der Ort, an dem man seine Identität entfalten und langsam erwachsen werden kann. Nein, dieses Zuhause verändert sich zum Nest der Geheimnisse, Lügen und Identitätsstörungen und wird zum Anlass, sich abzuschotten, dicht zu machen und sich zu verschließen.
Die 13-jährige Johanna lebt in Kirsi Marie Liimatainen Spielfilm FESTUNG in seiner solchen Familie, in der Gewalt zum Alltag geworden ist. Oft schon musste sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester die Misshandlung ihrer Mutter durch ihren Vater miterleben. Doch die Loyalität ihrer Familie gegenüber hat dazu geführt, dass Johanna über die Vorfälle schweigt. Als sie sich in Christian verliebt, wird ihr Dilemma umso größer.
Aus der Perspektive von Johanna greift FESTUNG ein brisantes gesellschaftliches Thema auf, das oft noch tabuisiert oder aus Scham verschwiegen wird. Der Film blickt hinter die Fassade einer scheinbar normalen Familie in einer idyllischen deutschen Kleinstadt und macht damit deutlich, dass Gewalt in der Familie ein universelles, überall mögliches Problem ist. Obwohl die Misshandlungen nicht gezeigt werden, sind sie doch hörbar. Vor allem aber beschäftigt sich FESTUNG mit den Folgen der Gewalt und welche Spuren diese vor allem auf Johanna und ihrer Schwester hinterlassen. Umso bedrückender wird der Film, weil Johannas Ausweglosigkeit spürbar wird und ihr Wunsch, die Familie trotz allem zusammen zu halten, meist stärker ist als ihr Mut, sich nach außen zu öffnen. Die starken familiären Bindungen werden so zur Gefahr – und stellen damit den Schutzraum Familie in Frage.
Durch die vielschichtige und differenzierte Figurenzeichnung kann FESTUNG für das Themenfeld häusliche Gewalt sensibilisieren und zu einer Auseinandersetzung mit Ursachen, Folgen und Möglichkeiten der Hilfe anregen. FESTUNG eignet sich für Schüler/innen ab der 9. Jahrgangsstufe und bietet Anknüpfungspunkte an die Fächer Deutsch, Religion/Ethik und Kunst.