Wedemark

Raseneisenstein-Förderung in grauer Vorzeit in der Wietzeniederung

[BISSENDORF]

Seit geraumer Zeit gibt es im Mehrgenerationenhaus ein Gemeindearchiv. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin ist Petra Grünberg aus Bissendorf, die sich privat auch mit der Geschichte von Bissendorf-Wietze beschäftigt. Dabei ist sie den überregionalen Archiven zu interessanten Informationen zur Raseneisensteinförderung und -verarbeitung in der Gemarkung Bissendorf gestoßen..

Raseneisenstein und die Wedemark – das ist eine Verbindung, die vielen erstmals bewusst wurde, als die damalige Umweltbeauftragte der Gemeinde, Ursula Schwertmann, 2018 den Kontakt mit der Stadt Dessau herstellte. Diese benötigte zur Sanierung einer Brücke im Wörlitzer Park im Rahmen des Unesco-Weltkulturerbes Raseneisenstein. Und den konnte die Wedemark – aus Gailhof – liefern.

Beim Amtshausfest in Bissendorf im Juni erfuhren die Besucherinnen und Besucher am Stand des Gemeindearchivs von der ehrenamtlichen, historisch interessierten Mitarbeiterin im Gemeindearchiv, Petra Grünberg, was es mit dem Raseneisensteinvorkommen in der Wedemark auf sich hat. Raseneisensteine sind laut Wikipedia durch ausgefallene Eisenminerale verfestigte Sedimentfraktionen des Bodens mit hohen Metallgehalten.

Die Bezeichnung rührt daher, dass der Raseneisenstein bei Grundwasserböden nahe unter der Rasensode ansteht und leicht mit Spaten und Hacke gewonnen werden kann. Verwendet wurde er vor allem zur Eisengewinnung durch Verhüttung und als Baumaterial mit sehr geringer Verwitterungsresistenz. Zu sehen ist das zum Beispiel in der Kirchenmauer der St. Michaelis-Kirche in Bissendorf und im unteren alten Teil des Kirchturms der Elisabethkirche in Langenhagen.

"Ich bin im Rahmen meiner Forschungen zur Geschichte der Wietze-Siedlung vor drei Jahren über den Raseneisenstein gestolpert", erzählt Petra Grünberg. Auf der Suche nach Unterlagen ging sie in das gerade in Entstehung befindliche Gemeindearchiv. "Wenn ich die Dokumente schon alle durchsehe und in die Hand nehme, kann ich ja auch die Klammern rausmachen", sagte sie sich – und so fing ihre ehrenamtliche Mitarbeit im Archiv an. Je intensiver sie forschte, umso mehr förderte Petra Grünberg zu dem Thema zutage und stellt fest: "Beinahe hätte es um Haaresbreite einen Hochofen für die Verhüttung von Raseneisenstein und ein Hammerwerk an der Kirchmühle nahe der heutigen A352 und der Brücke darüber bei Bissendorf-Wietze gegeben (Zwischen Wennebostel und Bissendorf-Wietze). Aus irgendwelchen Gründen kam es dann aber doch nicht dazu." Heimatforscher Richard Brandt war diesen Plänen auch bereits auf der Spur gewesen, aber nicht im Detail darauf eingegangen. Petra Grünberg bekam viele Informationen aus Isernhagen, das – wie schon die Herleitung des Ortsnamens zeigt – ebenfalls über Raseneisenerzvorkommen verfügt. Entstanden ist der eisenhaltige Stein in einer Zeit, als die Wietze noch nicht begradigt und das Feuchtgebiet von zahlreichen Tümpeln und Sümpfen durchzogen war. In Waldschmieden im gesamten Wietzenbruch wurden die Eisenblöcke zerkleinert und dann in mehreren Arbeitsvorgängen im Rennofen bei 1.100 Grad bearbeitet. Wer mehr über diesen interessanten Vorgang erfahren möchte, kann im Gemeindearchiv im Mehrgenerationenhaus am Gilborn in Mellendorf das Buch über Waldschmieden von Dr. Erich Bunke aus Wietzendorf bei Celle einsehen, das Petra Grünberg gesichert hat. Dr. Wilfried Stiller aus Negenborn hat diese Rennöfen vor etwa zehn Jahren einmal mit Studenten nachgebaut. Von ihm hat Petra Grünberg auch die Raseneisensteinexponate, die sie beim Amtshausfest gezeigt hat. Im März oder April nächsten Jahres ist ein Vortrag zum Thema Raseneisenstein des Negenborner Wissenschaftlers in der Brelinger Mitte geplant.

Ebenso ist die Hobby-Historikerin bei ihren Recherchen im Niedersächsischen Landesarchiv auf ein "Register zum Bau eines Probierofens in Bissendorf im Jahr 1735 gestoßen. "Das ist immerhin die Vorstufe eines Hochofens", erklärt Grünberg und erläutert: "Man hat Eisen schon immer in kleinen Waldschmieden gefördert, vor allem im Winter, wenn sonst wenig zu tun war in der Landwirtschaft. Das gewonnene Eisen fand für die Anfertigung von Messern und Hammern Verwendung." Ein solches – wenn auch nachgebautes – Messer gehört zu Stillers sorgfältig gehüteten Schatz. Was man nicht selbst brauchte wurde nach Hamburg für den Schiffsbau weiterverkauft. "Da zahlte sich die Nähe der Wedemark zu den Heerwegen aus", macht Grünberg aufmerksam. Sie hat zu dem Thema viel im Internet und alten Büchern geforscht. "Überall steht ein bisschen drin. So fand ich zum Beispiel auch heraus, dass der Raseneisenstein im 20. Jahrhundert als Rohmaterial in den Untergrund der Straße nach Fuhrberg eingebaut wurde. Schwarze Steine im Mauerwerk von Häusern in den umliegenden Häusern älteren Baujahrs weisen ebenfalls auf Raseneisenstein hin, zum Beispiel beim Amtshaus."

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